Das Streben des Brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III. und späteren Königs Friedrich I. nach politischer Einigung und größerem außenpolitischem Einfluss manifestierte sich neben dem Bauprogramm in Berlin auch in seiner Residenz in Oranienburg. Dort ließ er in den Jahren um 1700 bis zu seinem Tode im Februar 1713 umfangreich bauen. Friedrichs Vision von einer absolutistischen Residenz nach dem Vorbild des französischen Hofes wurde mit dem Umbau des Schlosses und des ausgedehnten Parks sowie mit der Errichtung zahlreicher Verwaltungsgebäude trotz dramatischer Finanzlage mit hohem Aufwand umgesetzt. Die Schlossplatzbebauung und besonders der Park mit den klassischen Elementen Orangerie, Grotte, Bassin und zahlreichen Fontänen bestimmten fortan das Bild der Stadt.
An der östlichen Seite der 1696 eröffneten Königsstraße entstand 1699 der Neue Marstall an der Stelle des Vorgängerbaus von 1665 (1974 abgerissen). Als Ersatz für das 1688 bei einem Stadtbrand beschädigte alte Amtshaus ließ Friedrich I. im Jahre 1704 ein neues Gebäude an der Stelle des ehemaligen Marschallshauses am Havelufer errichten. Das königliche Amt Oranienburg hatte dort seinen Sitz bis zu seiner Aufhebung im Jahre 1834. Danach erwarb die Stadt das Haus und richtete hier ihre erste Gemeindeschule ein. Das Schulhaus überstand den Zweiten Weltkrieg unversehrt. Im Winter 1974/75 wurde es, zusammen mit der gesamten umgebenden Bebauung, abgerissen.
Die begrünte Fläche nutzte man fortan als Park- und Veranstaltungsplatz. Mit dem Neubau der Stadtbibliothek nimmt die Stadt Oranienburg den historischen Grundriss des königlichen Amtshauses wieder auf und schafft damit erneut einen südlichen Abschluss des neu erstandenen Schlossplatzes.
Die vorbereitende archäologische Untersuchung des Baufeldes erfasste
die Reste dieses stadtgeschichtlich bedeutsamen Gebäudes (Abb. 1). Der repräsentative zweiflüglige Ziegelbau (Abb. 2) besaß zum Schlossplatz elf Fensterachsen. Die Fundamente bestanden aus Kalkstein auf massiven Findlingslagen und bezogen Teile der Vorgängerbebauung mit ein.
In einigen nicht unterkellerten Bereichen traten zahlreiche ältere Befunde zutage. Unter einem Straßen- oder Hofpflaster des Jahrhunderts befanden sich ein Kastenbrunnen des 13. sowie mehrere Parzellen und Entwässerungsgräben des 14.–15. Jahrhunderts (Abb. 1).
In etwa 3 m Tiefe stießen die Ausgräber im Süden des Baufeldes auf zahlreiche Bohrhindernisse. Freigelegt wurde schließlich die massive Pfahlgründung eines weiteren bedeutenden, aber völlig in Vergessenheit geratenen Bauwerkes aus der Zeit Friedrichs I., des königlichen Wasserturmes.
Auf die Zeit unter Louise Henriette geht in Oranienburg eine von Pumpen gespeiste Wasserkunst mit Fontänen zurück. Aufwendig nach Versailler Vorbild gestaltet, war sie die „Seele der Gesamtschöpfung“ (Boeck) und wesentliches Repräsentationselement der Oranienburger Residenz. Trotz immer knapper werdender Mittel flossen in den Jahren um 1700 immer wieder hohe Summen in die Instandhaltung der Wasserkunst.
Der Grottierer Johann Damnitz, seit 1680 für die Berliner Wasserkunst verantwortlich und später auch in Oranienburg verpflichtet, schlug bereits früh den Bau eines Wasserturmes vor. Die Planungen hierfür übernahm 1707 Eosander, der eine neuartige Technologie zur Rammung der Gründungspfähle mit Wasserkraft vorschlug.
1711 war ein massiver Wasserturm mit zwei Wasserrädern fertiggestellt (Abb. 2). Der ca. 25 m hohe monumentale Turm war Bestandteil und Abschluss des Schlossensembles und prägte fortan das Stadtbild. Drei gusseiserne Wasserleitungen führten vom Turm zum Bassin im Lustgarten, zur Grotte mit Wasserkunst und zur Fontäne im Treppenhaus des Schlosses. Ein Jahr später wurde das Reservoir im Turm zur Druckerhöhung vergrößert. Der Tod Friedrichs I. beendete nicht nur die auf Prunk und Repräsentation ausgerichtete Hofhaltung des preußischen Königs, er bedeutete gleichzeitig das Ende der Residenz in Oranienburg und eine radikale Sparpolitik. Die Wasserkunst war nur noch wenige Jahre in Betrieb, dann wurden die gusseisernen Röhren ausgegraben und veräußert.
Der Turm stand leer und wurde 1822 zum Abbruch verkauft und in der Folgezeit vollständig abgetragen.
Das Fundament besaß beeindruckende Ausmaße. Es bestand aus einem gerammten Pfahlrost aus heimischen Eichen- und Kiefernstämmen. Darauf ruhte ein Rost aus verzimmerten Kiefernholzbalken (Abb. 3).
Eine wiederum aufliegende Kalksteinbruchschüttung mit Mörtelplanierschicht trug das eigentliche Bauwerk, das in Ziegelmauerwerk ausgeführt war. Die Wände des Turms waren 6,2 m stark, der quadratische Innenraum hatte eine Seitenlänge von ca. 9,8 m. Das aufgehende Mauerwerk besaß zudem eine Verblendung aus Naturstein.
Innen befand sich ein Bassin aus Kiefernholzbohlen, dessen Funktion unklar ist. Das verbaute Holz wurde fast ausnahmslos in den Jahren 1709 und 1710 geschlagen. An der Nordostecke des Turmes hatte sich auf dem Balkenrost ein geringer Rest des Mauerwerkes erhalten. Er enthielt den aus Sandstein gefertigten Grundstein mit den königlichen Initialen „F(redericus) R(ex)“ und der Jahreszahl 1710 an den Außenseiten. Auf der Unterseite weisen die Buchstaben „F. A.“ möglicherweise auf den unbekannten Baumeister oder Steinmetz hin. Als Symbol des verlorenen Wahrzeichens der Stadt Oranienburg soll dieser Grundstein in der neuen Bibliothek der Stadt einen dauerhaften Platz finden.
Literatur:
Boeck, W.: Oranienburg. Geschichte eines preußischen Königsschlosses. Forsch. Dt. Kunstgesch. 30 (Berlin 1938).
Rehberg, M.: Die ehemalige Wasserkunst in Oranienburg. Heimat u. Welt 100, 1929, 793–794.
Wiborny, W.: Oranienburg – Bilder einer Stadt (Oranienburg 1996).